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Verbot von Werkverträgen in der Fleischindustrie

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    Verbot von Werkverträgen in der Fleischindustrie

    Sehr geehrte Damen und Herren,
    vielleicht bin ich im falschen Forum, aber ich möchte nicht an Fernsehen oder Presse schreiben. Vielleicht können Sie etwas weitergeben. Was Vertreter einzelner Fleischfirmen im Moment im Fernsehen sagen, ist wohl etwas unüberlegt.
    Eben sagt einer, dass man, wenn die Bundesregierung schärfere Gesetze strickt, ins Ausland abwandern muss. Damit wird auch das Fleisch teurer.
    Ist das Erpressung ? Wenn sie sich in Deutschland an die dann geltenden Regeln halten, wird es auch teurer! Und das ist in Ordnung. Es ist furchtbar mit anzusehen, wie gerade jetzt mit beginnender Grillsaison in den Werbebeilagen der Zeitungen mit Fleisch um sich geschmissen wird. In der Evolution gab es nie jeden Tag Fleisch, wir haben uns doch gut entwickelt und viele Menschen vertragen das Überangebot an vielen Lebensmitteln nicht mehr, Wohlstandskrankheiten greifen um sich - im Fernsehen gibt es Ernährungsdocs.
    Aber bevor Fleischfirmen umschwenken und vielleicht etwas weniger, gern auch teurer, dafür respektvoll vor dem Lebewesen, welches jeweils dahinter steckt, produzieren, wandern Sie lieber gleich weg, um dann dort die Arbeitskräfte weiterhin auszubeuten. `In Deutschland wird es dann aber teurer.´ Bessere Marge für den Produzenten, Löhne bleiben im Ausland ja niedrig. In Deutschland zusätzlich noch ein paar Arbeitslose. Super Konzept im Zeitalter vieler bewusster lebender Menschen - echt bürgerunfreundlich.
    Sehen Sie sich mal die Preise für Autos an. Vor 10 Jahren bekam ich einen kleinen Neuwagen für 7000.-€. Das gibt es gar nicht mehr- und ist sicher kein Qualitätsproblem, die Preise sind rasant gestiegen. Leute, die vor dem Supermarkt dröhnen, dass Essen bezahlbar bleiben muss, fahren mit einem dicken SUV vor (wenn auch auf Raten gekauft, sind auch diese weit höher als für ein 7000,-€-Auto, dafür ist also immer reichlich Geld da). Das Geld ist da und wenn Fleisch teurer wird, kann man nicht solche Grillorgien mit 5 Sorten Fleisch pro Person starten, (die viele am nächsten Tag in den Gelenken spüren – ungesund und richtige Rum-Aaserei – den Rest kriegt der Hund) .
    Bei solchen Aussagen s.o. von einzelnen Verantwortlichen ist nur der Profitgedanke zu erkennen, aber keine Verantwortung bzw. fairer Umgang mit den Zulieferern, die dann von der Massenproduktion lebender Tiere wegkämen oder keine Verantwortung für Arbeitnehmer- die zum Glück ja nicht mal die eigenen sind. Durch undurchsichtige Sub-Sub-Sub- Unternehmerschaft (neues Wort) ist man die Verantwortung ja auch los. Früher war die Verantwortung des Unternehmers für seine Leute Ehrensache.
    armes Deutschland
    Vielleicht können Sie innerhalb Ihrer Branche da etwas bewirken, wofür viele ja auch stehen.
    Marlies Preuß


    #2
    Hallo Marlies,

    über 90 % aller Unternehmen in Deutschland arbeiten mit Werkverträgen. (Quelle: Forschungsbericht 496 des BMAS aus 2017)
    Bis zu 30% (branchenabhängig) arbeiten mit SubSubunternehmern. Auch kann man sagen, dass zwischen 25-30 % aller Unternehmen Kernprozesse an Werkvertragspartner übergeben. Du siehst Werkverträge sind allgegenwärtig und keinesfalls auf die Fleischbranche begrenzt.
    Eben sagt einer, dass man, wenn die Bundesregierung schärfere Gesetze strickt, ins Ausland abwandern muss. Damit wird auch das Fleisch teurer.
    Ist das Erpressung ?
    Kommunikation ist immer das was ankommt. Ich hätte auch nicht so argumentiert. Fakt ist aber, Werkverträge nur in der Fleischbranche zu verbieten, widerspricht dem Gleichheitsgrundsatz und ist diskriminierend. Das wird mit Sicherheit vor Gericht landen.
    Wenn das tastsächlich so kommen sollte, wird es nahezu unmöglich sein, alle Mitarbeiter, die jetzt im Werkvertrag agieren fest einzustellen, alleine schon deshalb, weil das nicht alle wollen. Wie hoch der Anteil derer ist, die das machen würden, kann keiner seriös beantworten.
    In Deutschland ist auf jeden Fall kaum noch einer/eine bereit am Fließband zu arbeiten, oder in Metzgereien zu arbeiten. Das wird jeder bestätigen, der in der Fleischbranche Leute sucht.
    Die Bundesregierung hat die Gesetze nicht verschärft, Sie hat willkürlich eine in der Wirtschaft allgegenwertige Praxis für eine Branche verboten. Da kochen die Emotionen hoch.
    Wenn sie sich in Deutschland an die dann geltenden Regeln halten, wird es auch teurer! Und das ist in Ordnung.
    Das ist mit Verlaub Unsinn. Die Fleischindustrie hat sich an die Gesetze gehalten. Man hätte jetzt in der Coronakrise allerdings stärker darauf achten sollen, dass die Abstandsregeln eingehalten werden. Das heißt aber nicht, dass Werkverträge generell in der Fleischbranche gegen geltendes Recht verstoßen. Es ist dem Werkvertraggeber ja nicht einmal erlaubt, Stundenauswertungen über die geleisteten Stunden der Werkvertragsnehmer zu erstellen. es darf nur erfasst werden, sind sie anwesend oder nicht.
    Also es ist schon etwas komplizierter.
    Aber bevor Fleischfirmen umschwenken und vielleicht etwas weniger, gern auch teurer, dafür respektvoll vor dem Lebewesen, welches jeweils dahinter steckt, produzieren, wandern Sie lieber gleich weg, um dann dort die Arbeitskräfte weiterhin auszubeuten
    Das ist doch ein ganz anderes Thema. Bitte nicht alles in einen Topf schmeißen. Wo fängt denn die Ausbeutung von MA an? Wer definiert Ausbeutung? Glaubst du ein Rumäne würde in Deutschland arbeiten, wenn er zuhause bei seiner Familie das gleiche Geld verdienen könnte? Ich kenne Rumänien, weil ich dort einige Kunden habe. Und die haben auch ihre Probleme, dass ein beträchtlicher Anteil arbeitswilliger Menschen in ganz Europa arbeiten nur nicht zuhause. Dafür haben wir aber die Freizügigkeit in Europa. Es hindert dich doch niemand daran in Frankreich zu arbeiten, wenn du dort mehr Geld verdienen kannst.

    Auch möchte ich hier noch mit einem Fake aufräumen. Die Fleischbranche arbeitet nicht mit Werkverträgen, weil sie sich die "Taschen mit Geld" vollstopfen möchte, sondern weil es in der heutigen Zeit einfach notwendig wurde, überhaupt noch Geld zu verdienen. Die Ebit-Margen in der Fleischindustrie liegen zwischen 1-3 %.
    Mercedes und Porsche verdienen zwischen 10-15%.
    Der Kapitalismus in Verbindung mit der Globalisierung führt zu einer ständig wachsenden Konzentration der Unternehmen. Es gibt immer größere Unternehmen, aber dafür immer weniger. Dem kann sich die Lebensmittelbranche nicht entziehen. Die Konkurrenz war früher nur lokal. Heute ist sie weltweit. Wenn du etwas haben willst, was es in Deutschland nicht gibt, oder zu teuer ist, dann kannst du es direkt in China bestellen.

    Und zum Schluss noch ein Wort zu Absichterklärungen und vollzogenen Handlungen. Du redest mit 100 Bekannten, und 90% sagen ja alles schlecht wie da mit Tieren und Menschen umgegangen wird. und trotzdem laufen 75-80 % des Fleischhandels über Discount und Einzelhandel.

    Also nur wenige Menschen sind bereit oder können es sich vielleicht leisten, teures Fleisch einzukaufen. Das gleiche gilt für Kaffee, Obst, und Gemüse. Wem willst du den Zugang zu Fleisch verwehren?
    Zuletzt geändert von Jürgen Huber; 23.05.2020, 12:44.
    Liebe Grüße

    Jürgen Huber
    Huber Consult e.K.

    Metzgermeister,
    Betriebswirt d. Hdw.
    staatl. gepr. Fleischtechniker
    REFA-Prozessorganisator
    Unternehmercoach
    Fachberater für die Fleischwirtschaft

    www.fleischer-beratung.de

    Kommentar


      #3
      Hallo Marlies,

      ich habe deinen Beitrag gerade gelesen und kann dir nur voll zustimmen. Im überwiegenden Teil der Fleischindustrie läuft es momenten für die Tiere als auch für die Menschen nicht rund. Die Menschen müssen verstehen, dass Fleisch etwas kostet, wenn das Tier angemessen behandelt wird und der Arbeitnehmer von seinem Lohn angemessen leben möchte. Die Unternehmen sollten Verantwortung für ihre Belegschaft übernehmen und die Gesellschaft über neue Formen der Beschäftigung diskutieren und nicht seine Augen davor verschließen.


      Wie zuvor gesagt, kann nicht alles auf die Fleischindustrie abgewälzt werden, weil die Werkverträge auch in anderen Branchen bestehen. Deshalb muss ein Umdenken zunächst allgmein stattfinden.

      LG, Lynn

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