Ankündigung

Einklappen
Keine Ankündigung bisher.

Gehalt und Vertragliches in der Fleischerei

Einklappen
X
Einklappen
 
Werbung
 
  • Filter
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge

    Gehalt und Vertragliches in der Fleischerei

    Hallo Community,

    die Idee ist, eine "Verschwiegenheitserklärung" von den geringfügig Beschäftigten unterzeichnen zu lassen, um ständiges "Gezicke" untereinander zu unterbinden. Es geht um solche Themen wie Gehalt, wer wann wieviel Stunden gearbeitet hat oder Urlaubstage, denn oft sind die Vereinbarungen nicht einheitlich, sondern jeder hat einen anderen Stundenlohn und unterschiedlich viele Tage Urlaub (je nachdem wie lange er schon im Betrieb ist oder wie geschickt er im verhandeln war).

    Hat jemand Erfahrungen damit?
    Erfolgreich in die Zukunft
    Bechtel Marketing Coach
    Marketingberatung - Coaching - Seminare
    für die Fleischerbranche

    #2
    Aw: Gehalt und Vertragliches in der Fleischerei

    Hallo Frau Bechtel,

    in meiner Funktion als Unternehmensberater habe ich ständig mit Personalfragen zu tun.

    Ihre Frage lässt sich ja auf jeden Mitarbeiter im Unternehmen erweitern. Auch glaube ich, dass dieses "Gezicke" bei den VZ Angestellten / AN noch viel ausgeprägter ist.
    1. Sie können Gequatsche unter den AN nicht verhindern. Egal ob mit Verschwiegenheitserklärung oder ohne. In der Regel sind die Gehälter unter den AN, mehr oder weniger, zumindest innerhalb einer Gruppe, weitgehend bekannt.
    2. Die Grundregel bei den Gehältern heißt: Einhaltung des Lohngefüges. Gleiches Geld für gleiche Arbeit. Wenn es dabei Ausnahmen gibt, dürfen diese nur durch die Betriebszugehörigkeit begründet sein. Wenn dies eingehalten wird, können die AN soviel quatschen wie sie wollen.
    Je mehr von 2. abgewichen wird, desto größer ist der Erklärungsbedarf.
    Ich kenne die Problematik des Fachkräftemangels. Trotzdem ist es unbedingt notwendig Punkt 2 einzuhalten. Sie riskieren sonst eventuell einen Flächenbrand, in Form von offener Rebellion oder hochgradiger Frustation.

    Andere Interpretation der Verschwiegenheitsklausel:
    Hat der AG etwas zu verbergen? Will er damit sein ungerechtes Lohngefüge kaschieren?

    Meine Empfehlung: Weg mit der Verschwiegenheitsklausel.
    Liebe Grüße

    Jürgen Huber
    Huber Consult e.K.

    Metzgermeister,
    Betriebswirt d. Hdw.
    staatl. gepr. Fleischtechniker
    REFA-Prozessorganisator
    Unternehmercoach
    Fachberater für die Fleischwirtschaft

    www.fleischer-beratung.de

    Kommentar


      #3
      Aw: Gehalt und Vertragliches in der Fleischerei

      Danke für die schnelle Antwort.
      Ist auch meine Meinung. In der Praxis erlebe ich leider oft,dass der Punkt Einhaltung des Lohngefüges nicht gegeben ist.
      Erfolgreich in die Zukunft
      Bechtel Marketing Coach
      Marketingberatung - Coaching - Seminare
      für die Fleischerbranche

      Kommentar


        #4
        Aw: Gehalt und Vertragliches in der Fleischerei

        Interessantes Thema,

        wozu gibt es Tariflöhne?

        Sicher ist es jedem Arbeitgeber selbst überlassen, ob er mit sich verhandeln lässt.

        Ich denke jedoch, dass dieses Problem eher beim Fleischerhandwerk, als in der Fleischwarenindustrie (oder generell bei den größeren Unternehmen der Fleischwirtschaft) vorkommt.
        Dort dürfte es eher üblich sein, dass man sich an das Tarifgehalt hält.

        Wenn es trotzdem zu übertariflichen bzw. außertariflichen Vereinbarungen kommt und die Einzelheiten dessen nach außen hin kommuniziert werden unter den Kollegen, dann ist dies eine Sache der Loyalität.

        Wenn ein Arbeitnehmer beim Abschluss des Vertrags vom Arbeitgeber darauf hingewiesen, dass er die Einzelheiten für sich behalten soll, dies aber nicht einhält, kann man ihn abmahnen.

        Auf dieses Thema würde ich gerne etwas tiefgründiger eingehen.

        Was empfehlen Sie den Arbeitgebern hier?

        Wenn die für die Zusammenarbeit der Parteien erforderliche Vertrauensgrundlage zerstört ist und/oder der Arbeitgeber nicht mehr an die Loyalität des Arbeitnehmers glaubt, liegt eine Störung im Vertrauensbereich des Arbeitsverhältnisses vor, was zu einer ordentlichen Kündigung führen kann, im Extremfall.

        Hierzu wird uns sicherlich der neue Moderator und Fachanwalt, Herr Dr. Halm Näheres berichten können.
        Präsentieren - Diskutieren - Inserieren

        Kommentar


          #5
          Aw: Gehalt und Vertragliches in der Fleischerei

          Es gibt eine interessante Umfrage von Stellenanzeigen.de zu diesem Thema.

          Zitat:
          Fast die Hälfte der deutschen Arbeitnehmer sprechen mit den Kollegen über ihr Gehalt. Das ist das Ergebnis einer Online-Umfrage der Online-Jobbörse stellenanzeigen.de, für die mehr als 1.000 Teilnehmer befragt wurden. Demnach sagen 45 Prozent der Befragten, dass sie mit dem Thema Gehalt völlig offen umgehen. Weitere 32 Prozent diskutieren ihre Gehaltszahlen ausschließlich im privaten Bekanntenkreis. Nur 23 Prozent schweigen komplett, wenn es darum geht, wie viel sie verdienen.

          Den kompletten Artikel finden Sie hier:
          http://www.gmbhchef.de/gehalter-45-p...er-ihr-gehalt/

          Ich selbst habe über 20 Jahre als Angestellter bzw. Leitender Angestellter in kleineren und größeren Unternehmen gearbeitet. Es kommt schon mal vor, dass im Arbeitsvertrag selbst solche Verschweigenheitsklausel (über den Inhalt des des Arbeitsvertrages ist zu schweigen) genutzt wird. Praktische Auswirkungen hatte dies aber nicht, weil die Beweislage für Arbeitgeber viel zu schwierig ist. Immerhin weis die Lohnbuchhaltung und die Personalabteilung immer, wer was verdient, also könnte das "Leck" auch dort sein oder der Chef selber könnte sich geäußert haben. Als separate Erklärung kenne ich das gar nicht, das erscheint mir dann doch etwas daneben und auch nicht durchsetzbar.

          Das einfachste für den Arbeitgeber ist das Prinzip "gleicher Lohn für gleiche Arbeit" auch unter Berücksichtigung der Ausbildung und Erfahrung (= Problemlösefähigkeit) durch Berufsjahre, Anzahl der Jahre in der Firma usw. Dann kann jeder darüber reden und es ist für den Arbeitgeber letztlich nur positiv.
          E-Mail: post@rose-fleischtechnik.de

          www.rose-fleischtechnik.de

          Kommentar


            #6
            Aw: Gehalt und Vertragliches in der Fleischerei

            Gleiches Gehalt für gleiche Arbeit wird es nie geben (Alter, Zugehörigkeit, etc.). Somit ist immer genügend Nährboden für solche Diskussionen geboten. Menschen sind nun mal sehr keativ!

            Doch ist das Ergebniss nicht nur der Problematik geschuldet, dass das Personal nicht homogen genug ist, sich auf die eigentliche Arbeit zu konzentrieren.

            Stellen wir uns doch einfach erst einmal die Frage, warum bzw. wann passiert so etwas?
            Was meint Die Community hierzu? Ihr seid also aufgefordert :-)

            Ich glaube, die Lösung ist oft einfacher, als man glaubt...

            Kommentar


              #7
              Aw: Gehalt und Vertragliches in der Fleischerei

              Guten Tag,

              Als Moderator für rechtliche Fragen komme ich noch einmal auf die Anfangsfrage zurück, ob eine Verschwiegenheitsklausel bzgl. des Gehalts im Arbeitsvertrag zulässig ist.

              Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern hat durch Urteil vom 21. Oktober 2009 – 2 Sa 237/09 (rk.)entschieden:


              1. Eine Klausel, die den Mitarbeiter verpflichtet, über seine Arbeitsvergütung gegenüber Arbeitskollegen Verschwiegenheit zu bewahren, ist unwirksam. Sie hindert ihn daran, Verstöße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz im Rahmen der Lohngestaltung gegenüber dem Arbeitgeber erfolgreich geltend zu machen.

              2. Die Verschwiegenheitsklausel verstößt zudem gegen Art. 9 Abs. 3 GG, da sie Mitteilungen über die Lohnhöhe auch gegenüber einer Gewerkschaft verbietet und damit sinnvolle Arbeitskämpfe verhindert.

              Das Gericht ist von folgenden Überlegungen ausgegangen:

              - Die Verschwiegenheitsklausel benachteiligt den Arbeitnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben i. S. v. § 307 BGB unangemessen und ist damit unwirksam.

              - Der Arbeitgeber muss nach ständiger Rechtsprechung auch bei der Lohngestaltung den Gleichbehandlungsgrundsatz beachten (BAG, Urt. v. 15.7.2009 – 5 AZR 486/08, DB 2009, S. 2496). Die einzige Möglichkeit für den Arbeitnehmer, festzustellen, ob er Ansprüche aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz hinsichtlich seiner Lohnhöhe hat, ist das Gespräch mit Arbeitskollegen. Ein solches Gespräch setzt aber voraus, dass der Mitarbeiter selbst bereit ist, über seine eigenes Gehalt Auskunft zu geben. Könnte man ihm derartige Gespräche wirksam verbieten, hätte er kein erfolgversprechendes Mittel, Ansprüche wegen Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes im Rahmen der Lohngestaltung gerichtlich geltend zu machen.

              - Die vertragliche Verschwiegenheitspflicht verstößt zudem gegen die Koalitionsfreiheit aus Art. 9 Abs. 3 GG, da sie auch Mitteilungen über die Lohnhöhe gegenüber einer Gewerkschaft verbietet, deren Mitglied der betroffene Arbeitnehmer sein könnte. Sinnvolle Arbeitskämpfe gegen ein Unternehmen wären so nicht möglich, weil die Gewerkschaft die Lohnstruktur nicht in Erfahrung bringen kann.

              Zusammenfassung:

              In nicht tarifgebundenen Unternehmen kann der Arbeitgeber das Gehalt abhängig von Einstiegszeitpunkt, Qualifikation, Berufserfahrung, Arbeitsleistung, konjunkturellen Rahmenbedingungen, Retention-Risiken etc. bei Einstellung und späteren Gehaltserhöhungen bestimmen. Aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes ist er aber verpflichtet, vergleichbare Arbeitnehmer bei Anwendung einer selbst gesetzten Regelung gleich zu behandeln. Auch bei freiwillig gewährten allgemeinen Lohnerhöhung dürfen Unterschiede nur aus sachlichen Gründen gemacht werden.

              Der Arbeitgeber ist somit gut beraten, ein transparentes Gehaltssystem zu entwickeln, deren Kriterien er selbst bestimmen kann. Dadurch kann er letztendlich denjenigen einen höheren Lohn zukommen lassen, von denen er meint, dass diese ihn verdienen.

              Mit besten Grüßen

              Ihr
              RA Dr. Christian Halm (Moderator)
              Fachanwalt für Agrarrecht
              Fachanwalt für Versicherungsrecht
              Fachanwalt für Verwaltungsrecht
              www.agrarjurist.de
              RA Dr. Christian Halm
              Fachanwalt für Agrarrecht
              Fachanwalt für Versicherungsrecht
              Fachanwalt für Verwaltungsrecht
              www.agrarjurist.de

              Kommentar

              Lädt...
              X
              Zum Seitenanfang