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Fleischbranche Bandidos

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    Fleischbranche Bandidos

    Rocker und Mindestlöhne in der Fleischbranche.
    In den vergangenen Wochen wurde immer wieder das Thema: Mindestlohn in der Fleischbranche angesprochen.
    Auch innerhalb der Community hat die Frau Dr. Petra Ziemer auf ein ähnliches Thema im folgenden Beitrag verwiesen: http://www.fleischportal.de/forum/26...fleischbranche

    Wie sehen Sie das Image und die Zukunft des Fleischers in der deutschen Fleischwarenindustrie?
    Besteht währenddessen die EU ihre Grenzen immer weiter ausweitet, verstärkt die Gefahr, dass ausländische Billiglohn-Fleischer den deutschen Fleischer ersetzen?

    http://www.youtube.com/watch?v=LRCbtZ4xNVM
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    #2
    Aw: Fleischbranche Bandidos

    Sehr geehrter Herr Beser.
    Gerade habe ich dieses Thema entdeckt und ich wundere mich, dass nicht schon viele Kollegen ihren Beitrag dazu schrieben.
    Ich moechte also zu diesem Thema mein Wissen meine Erfahrungen und meinen Standpunkt schreiben.
    Zunaechst zum Fleischpreis.
    Bei diesem so finde ich, ist der Anhaltspunkt fuer alles weitere. Meiner Meinung nach ist der Fleischpreis viel zu tief. Fleisch ist ein Schleuderartikel geworden. Durch den Ausbau der Tierhaltung zur Massentierhaltung, womit sich jedoch die Erzeuger ihr eigenes finanzielles und unternehmerisches Grab schaufelten und schaufeln. Die Abnehmer haben ein solch grosses Angebot, dass sie dem Erzeuger sagen was sie bezahlen wollen. Aus dieser Spirale nach unten koennen die Erzeuger nur herauskommen, wenn sie sich auf alte Erzeugermethoden besinnen. Dann kommt Bio ins Spiel. In diesem Segment findet ein relativer Ausgleich zwischen der geleisteten Arbeit und dem erzielten Preis fuer diese Arbeit statt. Aus diesem Segment heraus findet der Endverbraucher auch eine gewisse Sicherheit wenn es um die Tierhaltung, die Fuetterung, den Verbrauch von Arzneimitteln etc. geht. Dadurch ist der Verbraucher auch bereit mehr Geld fuer Fleisch zu bezahlen. Wir muessen uns fragen, ob wir nicht auf das falsche Pferd setzten als wir es zuliessen, dass tausende Quadratkilometer Ackerflaeche, welche frueher zum Futteranbau genutzt wurden, zu subventioniertem Brachland wurden oder das angebaute Futter zu Treibstoff verarbeiten liessen. Dadurch gaben sich die Erzeuger fast vollstaendig in die zweite, schicksalbestimmende Hand. Der Futtermittelindustrie mit Pellets, der Wunderwaffe zur schnellen Fuetterung ohne Verluste und mit Wachstumsgarantie. Gleichzeitig kam es aber auch zur Zukunftsversion des Beamens. Ein vormals stattliches Schweineschnitzel beamte sich in der Pfanne zu einem Medaillion. Qualitaetsverlust, das Resultat. Ein weiteres wichtiges Merkmal fuer Schritte in die falsche Richtung war es als m.E. alle staedtichen Schlachthoefe geschlossen wurden. Zentralisierung nannte man das. Natuerlich ist es aus Sicht der Aufsichtsbehoerden besser lediglich einen, grossen Schlachtbetrieb zu ueberwachen. Die fatale Personaleinsparungspolitik der kommunalen Behoerden schlug an dieser Stelle voll durch. Das in den 80er Jahren eintretende Schlachthofsterben bewirkte, dass die Tiere ueber sehr weite Strecken zu den zugelassenen Schlachthoefen transportiert werden muessen. Diese Schlachthoefe sind in Privathand und wie es sich desoefteren zeigt, schlechter ueberwacht als die ehemaligen Schlachthoefe wo einer oder mehrere Tieraerzte fuer Regulierung und Ordnung sorgten. Daneben kamen die Erzeuger der naeheren Umgebung stets mit ausgeruhteren Tieren zur Schlachtstaette und die Fleischqualitaet war auch deshalb besser. Die Idenditaet der einzelnen Erzeuger ist weg. Sie wurde durch die o.g. Faktoren vernichtet und sie wurden zu Produzenten eines Massenartikels und degradiert zu Lohnempfaengern im Niedriglohnsektor.
    Ich will niemandem etwas unterstellen, doch ich weiss dass einige Massentierhaltungsbetriebe und Schlachtstaetten sehr oft kurz vor einer Kontrolle in Ordnung gebracht wurden. Diese kurzzeitige Verfaelschung der Tatsachen wird nur durch Skandale aufgedeckt. Oft sind die Vertreter der Aufsichtsbehoerden inklusive der Oeffentlichkeit empoert ! und erschuettert ! ueber das Herausgefundene. An dieser Stelle muss man mir die berechtigte Frage zugestehen, wo waren diese Aufseher? Wo hatten sie ihre Augen als sie kontrollierten? Haben sie willig lediglich nur das gesehen was sie sehen sollten oder wollten oder wurden ihnen durch das gute Verhaeltnis zu den Betreibern die Augen zugekleistert? Ich kenne alle Antworten auf diese Fragen, doch die zustaendige Politik will dies anscheinend garnicht wissen. Die Forderung der Politik und der Verbraucher nach besseren Kontrollen empfinde ich als laecherlich. Wer ist denn die Politik und wer sind denn die Verbraucher? Manchmal kommt es mir vor als waeren diese beiden Begriffe ausserhalb unseres Denk-bzw. Einflussbereiches. Quasi von einem anderen Stern. Die Politik sind doch die Menschen, welche von uns auserkoren wurden unsere Interessen zu vertreten. Da frage ich mich weiter, warum mein Wunsch nach artgerechter Tierhaltung tausendfach diskutiert werden muss. Warum wird meinem Wunsch als Auftraggeber der Politik nicht entsprochen? Sitzt hier eine Lobby am Hebel, welche der Politik den Mund verschliesst? Auch hier kenne ich die Antworten aber ist dies nicht ein Skandal ohne Beispiel?
    Der zweite herausragende Diskussionspunkt wird von Ihnen so gefragt:
    Wie sehen Sie das Image und die Zukunft des Fleischers in der deutschen Fleischwarenindustrie?
    Das Image der Fleischer war schon immer schlecht. ***** stark, wasserdicht und kennt die Uhr nicht. Fleischer wurden lediglich als Nahrungsmittelproduzenten akzeptiert. Dies ging hin bis zu dem Slogan Tiermoerder. Waehrend die Bevoelkerung in den Nachkriegsjahren aufgrund des Nahrungsmittelbedarfes noch die Gesamtarbeit eines Fleischers schaetzte und akzeptierte, wurde er mit zunehmende Wohlstand zum Aussenseiter. Niemand wollte mehr Fleischer lernen und es kam zu einer Kluft zwischen den sogenannten Meistersoehnen mit elterlichem Betrieb und den Schulabgaengern, welche ihre Zeugnisse lieber nicht zeigten. Wenn diese dann, zum Verzweifeln einiger Berufsschullehrer und Ueberbetrieblichen Ausbilder, Fleischer lernten wurden sie mit Ach und Krach zur Gesellenpruefung gefuehrt. Was aber nicht bedeutet, dass mir persoenlich einige Gesellen in der Praxis durch Fleiss, Ordnung und Aufmerksamkeit lieber waren, als manche Meister. Spaeter kamen Berufe wie Fleischtechniker etc. dazu. Aus Metzgern wurden Fleischer. Aus MetzgeiverkaufernInnen wurden Fleischerei-Fachkraefte. Ein Imagewandel vollzog sich bis heute auch aufgrund der Modernisierung in allen Bereichen. Verkaufsbetont wurde eines der Lernziele. Der Verbraucher stellte nach und nach den Fleischer an der Theke nicht mehr mit dem Fleischer, welchen er mit Tierqual und Brutalitaet in Verbindung brachte, auf eine Stufe. Dazu kamen Berufe, welche auf der Basis des Fleischermeisters Studiengaenge und gradierte Abschluesse hatten und haben. Aufgrund dieser Berufsaussichten und aufgrund einer neuen Intelligenz der Leute die Fleischer als Basis nutzen und in der oeffentlichen Wahrnehmung des Berufsbildes allgemein, stieg und steigt das Ansehen der Fleischer. Die Verlagerung der jungen Leute auf die Ausweitung ihres Berufes durch weiteres Lernen hatte aber auch einen Nebeneffekt. Die Masse der Arbeitskraefte fuer einige Zweige, in welchen man sich schmutzig machen musste, verschwand zunehmend. Um diesem Zustand Abhilfe zu schaffen, stellten einige Vermittler Kolonnen zusammen, welche dann zeitweise in der Fleischindustrie Einsatz fanden.
    Ich habe meine Schul-und Studiengelder in solchen Kolonnen verdient.
    Anfaenglich in Schlacht,- spaeter in Zerlegekolonnen.
    Die Kolonnenverschiebungen ereigneten sich in einer Grauzone, einem Niemandsland gegenueber Sozialversicherungen, Steuern, Hygienevorschriften, Gesundheitsnachweisen. Jeder der ein Messer halten konnte stand fuer die Vermittler am Band. Anfaenglich wurde an den Baendern ausnahmslos Deutsch gesprochen. Natuerlich in vielen Dialekten, denn die Kolonnenmitglieder kamen aus der ganzen Republik. Spaeter kamen Kollegen aus der gesamten EU dazu. Dies fuehrte jedoch nicht zu einer massiven Verdraengung der deutschen Fleischer, denn durch die immer weiter ausgebaute Massentierhaltung bestand und besteht immernoch ein Bedarf an Fleischern, welche die BRD alleine nicht decken kann. Es wachsen zu wenige Leute fuer diese Arten Arbeiten nach. Wie geschrieben, durch die neue Intelligenz. Dadurch, das sich aber die Zahl der deutschen Fleischer verringerte, wurden sie erpressbar. Wenn du nicht willst, hole ich 10 Polen. Und die Vermittler spielten mit. Die Unternehmer sind gezwungen, um nicht unter zu gehen, billig zu produzieren. Geiz ist geil ein fatales Schlagwort in Hinsicht auf unsere Wirtschaft. Hervorgerufen durch die Verbraucher. Angefangen bei den Erzeugern, bis hin zu den Fleischern und ihren Produkten, welche teilweise mit Zutaten derart verfaelscht sind, dass sie nur noch in geringem Masse an den Ursprung erinnern. Nein, es besteht nicht verstärkt die Gefahr, dass ausländische Billiglohn-Fleischer den deutschen Fleischer ersetzen. Deutsche Fleischer werden immer gebraucht, denn im Dualen Ausbildungssystem finden sie eine Grundlage welche in anderen Laendern nicht vorhanden ist. Die Politik ist gefragt, in wie weit sie es zulassen will, dass auslaendische Kollegen in Baracken hausen muessen oder duerfen, welche Ansprueche, die auch fuer deutsche Fleischer gelten, erfuellt werden muessen und welche Vertragsabschluesse getaetigt werden muessen um eine Chancengleichheit bei allen EU-Fleischern zu schaffen. Unter Ausschluss der Vermittler. Dies ist ein grosses Aufgabengebiet, aber ich sehe auf weiter Flur keinen Politiker der dieses lautstark, nachdruecklich und nachhaltig zur Debatte bringt.
    Auf der anderen Seite sind die Auftraggeber der Politiker. Die Verbraucher.
    Solange die Verbraucher tatenlos zuschauen und die Untaetigkeit und Ignoranz der Politiker billigen wird sich nichts aendern. Vom Tierschutz will ich an dieser Stelle erst garnicht schreiben. Wenn Erzeuger tausende Euro ausgeben muessen um ein Zertifikat zu erhalten, zusaetzlich noch den Betrieb auf die vom Tierschutz vorgegeben Einrichtungen umbauen muss anstatt Vorhandenes zu verbessern, findet ein grosses Geschaeft statt aber es bleibt wenig fuer die Tiere. In der traegen Wohlstandsgesellschaft vermisse ich die Macher. In der Politik als auch bei den Verbrauchern und ihren Verbaenden.

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