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Herstellung und Umrötung einer Kochsalami

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    Herstellung und Umrötung einer Kochsalami

    Servus Miteinander,

    der Name ist bei mir Programm - als äußerst Interessierter Hobbyist versuche ich mich am Fleischerhandwerk.

    Ich besitze mittlerweile einen Fleischwolf, einen Food Processor der als Kutter herhält, ich stelle mein Eis selbst her, Fülle aber noch mit dem Wolf und nicht mit einer Stand-Füllmaschine (die soll aber noch zum "Arsenal" dazukommen)

    Weswegen ich mich hier anmelde - ich bräuchte ein paar Tipps / Antworten zum Thema Zusatzstoffe und möchte da nicht auf irgendwelche Pseudo-Gesundheitswebsites vertrauen - sondern *Euch* vom Fach befragen.

    Nachdem hier in einigen anderen Vorstellungen auch direkt gefragt wurde - schließe ich mich mal diesem Trend an und stelle hiermit meine ersten beiden Fragen.

    NPS und Brühwurst:
    Ich würde ganz gerne eine Kochsalami mit gut Knoblauch herstellen, dafür würde ich ich NPS (0,4%-0,5%) mit einer Dosierung von 20g / KG Masse (ohne Schüttung) verwenden. Jetzt bin ich mir Prozesstechnisch aber nicht sicher. NPS zu erhitzen resultiert doch in unerwünschten Nitrosaminen, richtig? Wird dann die Kochsalami erst gereift / umgerötet bis das NPS abgebaut ist & dann gebrüht oder wie wird hier verfahren? Wie lange dauert der NPS Abbauprozess bevor gebrüht werden kann?

    Di- Triphosphate bzw. Citrate:
    Di- & Triphosphate in den Kutterhilfsmitteln würde ich gerne vermeiden. Ich bringe meine Waren nicht in den Verkehr und kann entgegen der Leitlinien "arbeiten" (Ei, Senfmehl, ...). Welches dieser "altmodischen" Bindemitteln / Emulgatoren wirkt möglichst ähnlich zu Phosphaten?
    Zum Thema Citrate habe ich bereits recherchiert und auch hier im Forum viel negatives bzgl. der sensorischen Eigenschaften vom Endprodukt gelesen - schaumig war ein Stichwort das hier öfters viel. Wie ist hier *Eure* fachliche Meinung?


    Vielen herzlichen Dank schonmal im Voraus.
    Das Forum hier ist echt 1A und vermutlich _die_ beste Quelle zum Thema Wursten im deutschsprachigen Raum.

    Danke und Gruß!

    #2
    Hallo Hobbywurster
    Willkommen im Forum

    Für die Umrötung brauchst du neben dem Nitritsalz auch noch Ascorbinsäure(VitaminC).

    Nitrit + Ascorbinsäure/Ascorbat, es entsteht Stickoxyd.
    Stickoxyd reagiert mir den Fleischfarbstoff (Myoglobin), dadurch entsteht die rote Pökelfarbe (Nitrosomyoglobin).

    Wenn du Gewürzmischungen von einer Gewürzfirma benutzt, kann es sein das darin schon Phosphat und Ascorbinsäure bzw. Ascorbat enthalten ist.
    Auf dem Etikett stehen dann die E-Nummern E300-302 für Ascorbinsäure/Ascorbat und E450-452 für Di- & Triphosphate.

    Wenn du deine eigene Mischung machst, setze 0,75 gr. Ascorbinsäure pro Kg Wurstmasse zu. Und wie es immer in den Rezepturen steht, nicht mir dem Nitritpökelsalz vermischen und die Ascorbinsäure soll erst am Ende des Kuttervorgangs zugesetzt werden.
    Sonnst kann es Dir passieren, dass die oben beschriebene Reaktion schon einsetzt, bevor das Stickoxyd überhaupt mit dem Fleisch bzw. Fleischfarbstoff in Berührung kommt, was wiederum eine schlechte oder unvollständige Umrötung bedeutet.

    Dann kannst du deine Kochsalami umröten lassen, entweder über Nacht im Kühlraum oder einige Stunden bei Zimmertemperatur, bei warmer Temperatur geht dieser Umröteprozess schneller.
    Durch diese Reaktion wird das Nitrit nicht vollständig abgebaut, es bleibt ein sogenannter Restnitrit im Produkt. Würdest Du keine Ascorbinsäure verwenden wäre dieser Restnitrit Gehalt höher.
    Gepökelte Produkte bilden bei hoher Hitze schneller bzw. mehr Nitrosamine, deswegen sollten diese Produkte nicht gegrillt oder gebraten werden.
    Beim umröten und dem Kochen von der Kochsalami, sind die Temperaturen nicht so hoch wie auf dem Grill, deswegen ist die Gefahr der Nitrosaminbildung geringer.

    Wenn du weniger im Nitrit in deiner Wurst möchtest, kannst du auch halb NPS und normales Speisesalz verwenden. Die Wurst ist vielleicht nicht so lange Haltbar wie beim Profi, aber für die Umrötung reicht allemal, braucht halt etwas mehr Zeit.

    Gruß

    Diablito
    Zuletzt geändert von Fleischbranche.de; 05.05.2021, 07:42. Grund: Format angepasst

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    • Meatcrack
      Meatcrack kommentierte
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      Ergänzend anzumerken ist, dass nicht immer Ascorbinsäure/Ascorbat notwendig für die Umrötung ist. Es gibt auch den so g. enzymatichen Umrötungsprozess. Dort wird das gebildete HNO2 im undissoziierten Zustand durch Cytochrom C Fe2+ zu NO reduziert.

    #3
    Vielen Dank für die erste Antwort Diablito!

    Ich habe ein wenig recherchiert und festgestellt, dass Natriumascorbat langsamer arbeitet als Ascorbinsäure und d.h. weniger Gefahr besteht, dass das Nitrit zu schnell abgebaut wird, das verstehe ich richtig?

    Habe da vom Max-Rubner-Institut einen ganz ausführlichen Bericht darüber gefunden, falls es jemanden interessiert hier. Hier wird gesagt ab 130°C bilden sich die N-Nitrosamine aus Nitrit und sekundären Aminen. Heißt ein Brühvorgang bei ~73°C bildet keine Nitrosamine - aber auf den Grill oder eine Pizza kann ich meine Kochsalami nicht legen. Die Herstellung ohne Natriumascorbat ist vermutlich schon möglich, dann benötigt die Wurst aber länger zum Umröten und der Restnitrit Gehalt ist höher?

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    • Meatcrack
      Meatcrack kommentierte
      Kommentar bearbeiten
      Natürlich kannst du deine Kochsalami auf den Grill oder eine Pizza legen. Wie bei vielen Sachen greift auch hier der Spruch " Die Menge macht das Gift ". Man müsste x kg hoch erhitzte nps Produkte essen um einer Gefahr der Nitrosamine ausgesetzt zu sein.

    #4
    Habe mir mal zu Testzwecken PÖK extra stark bestellt, da die Zutatenliste überschaubar ist und ich sonst nur reine Ascorbinsäuren gefunden habe. Ehlert verkauft das Natriumascorbat zwar online aber nur kiloweise und mit 12,90€ Versandkosten. Bei 0,3g Natriumascorbat / kg muss ich viel Wursten bis der Kiloeimer weg ist

    Kommentar


      #5
      Zitat von Hobbywurster Beitrag anzeigen
      Vielen Dank für die erste Antwort Diablito!

      Ich habe ein wenig recherchiert und festgestellt, dass Natriumascorbat langsamer arbeitet als Ascorbinsäure und d.h. weniger Gefahr besteht, dass das Nitrit zu schnell abgebaut wird, das verstehe ich richtig?

      Habe da vom Max-Rubner-Institut einen ganz ausführlichen Bericht darüber gefunden, falls es jemanden interessiert hier. Hier wird gesagt ab 130°C bilden sich die N-Nitrosamine aus Nitrit und sekundären Aminen. Heißt ein Brühvorgang bei ~73°C bildet keine Nitrosamine - aber auf den Grill oder eine Pizza kann ich meine Kochsalami nicht legen. Die Herstellung ohne Natriumascorbat ist vermutlich schon möglich, dann benötigt die Wurst aber länger zum Umröten und der Restnitrit Gehalt ist höher?
      Ja, Natriumascorbat arbeitet langsamer, bzw. baut sich langsamer ab. Das ist aber bei der Salami oft so gewollt. Die rötliche Farbe, bei der Salami bzw. das Nitrosomyoglobin bleibt länger erhalten als bei der Ascorbinsäure.

      Kommentar


      • Diablito
        Diablito kommentierte
        Kommentar bearbeiten
        Das ist schon richtig. Aber bei der ganzen Information immer im Auge behalten, dass Hobbywurster eine Kochsalami herstellen möchte. Das ist eine Art Brühwurst, die wird vor dem Kochen nicht gereift, höchsten nachher wird sie trocknen gelassen.

      #6
      Eine Leitlinie wäre also wie folgt festhaltbar:
      Ascorbinsäure für Produkte mit kurzer/keiner Reifezeit
      Natriumascorbat für Produkte mit langer Reifezeit (z.B. Salami)

      Super vielen Dank für die guten Ratschläge!

      Gibt es ein paar Ideen hinsichtlich Phosphatersatz?

      Kommentar


      • Meatcrack
        Meatcrack kommentierte
        Kommentar bearbeiten
        Was spricht gegen Phosphat? Phosphat löst lediglich die Querbrücken zwischen Actin u. Myosin, so das man die myofibrillären Proteine besser/leichter in Lösung bringen kann. Gleichen Effekt könnste du bei der Verarbeitung von Warmfleisch erzielen, dass ist allerdings schwer wenn man nicht selber schlachtet. Wenn du kein Phosphat verwenden willst, würde ich dir raten einfach Material zu verwenden was so etwas "länger" gereift ist. Dadurch konnten die Cathepsine im Fleisch länger arbeiten u. stärker die Z-Linie destrukturieren. Wenn du aus gesundheitlichen Aspekten auf Phosphat verzichten willst, ist das in meinen Augen Quatsch.

        lg

      #7
      Meatcrack vielen Dank für die Einschätzung. Ich habe das mit dem Warmfleisch ein wenig Recherchiert und das ist ja auch Phosphat haltig. Sprich bei der Verarbeitung von kaltem Schlachtfleisch wird lediglich wieder zugesetzt was vorher schon drin war.

      Grenzwert der EU sind ja 40mg/kg Körpergewicht heißt bei 80kg sollte man täglich weniger als 3.2g Phosphate zu sich nehmen.
      Bei normalen Kutterhilfsmitteln sollen 3g pro KG Masse zugegeben werden und enthalten sind 57% P2O5 (Diphosphorpentoxid = Phosphat).

      Geht man jetzt von 30% Trocknung aus sind in einem KG Wurst 2,223g Phosphat enthalten. Sprich man sollte tatsächlich nicht Unmengen von der Wurst essen, Phosphate sind ja auch noch in anderen Lebensmitteln enthalten. Der Grenzwert ist ja laut Zusatzstoff-Zulassungsverordnung bei 5g/kg Endprodukt. (Verordnung über die Zulassung von Zusatzstoffen zu Lebensmitteln zu technologischen Zwecken (Zusatzstoff-Zulassungsverordnung - ZZulV) Anlage 4 (zu § 5 Abs. 1 und § 7) Teil B)


      Ich probiere mal einen Fleischkäse mit unterschiedlichen Mengen an Phosphat (0,5g á kg, 1g á kg, 1,5g á kg, usw.) zu machen um festzustellen wo die untere Grenze für guten Biss usw. ist. Hat hierzu jemand Erfahrungen zur Phosphat Zugabe in P2O5 Äquivalenten?

      Kommentar


        #8
        Ganz kurz einige Anmerkungen zu der fachlichen Diskussion

        Nicht nur die Wirkungsweise Ascorbat/Ascorbinsäure ist vergleichbar – sondern auch die Reaktionsgeschwindigkeit. Beide reduzieren salpetrige Säure im undissoziierten Zustand (bildet sich bei der Dissoziation von KNO2 zu Nitrit und vorhanden H+ - Ionen) zu NO, und ist komplett vergleichbar. Der einzige Unterschied ist, dass Ascorbinsäure bei 0,5 g/kg bis 1 g/kg in Fleisch (nicht in Wasser!!!!) den pH – Wert um 0,05 Einheiten senkt – und damit ein paar Protonen zusätzlich liefert. Diese Erhöhung der Protonenkonzentration ist bei dem biochemischen Gesamtprozess im Fleisch vernachlässigbar. Die Verwendung von Ascorbat oder Ascorbinsäure wird für gewisse Produkte (Leberwurst, Brühwurst) zum Teil vom LEH vorgeschrieben. Bei Kochschinken (Lake) geht nur Ascorbat. Und bei Rohschinken (außer Spritzpökelung) ist die Anwendung für die Umrötung kontraproduktiv. Damit ist die Aussage der Verwendung von Ascorbat/Ascorbinsäure bei der Herstellung von Salamis hinsichtlich der Reifungszeit nach meinen Messungen/Erfahrungen nicht nachvollziehbar (Ausnahme dünnkalibrige Produkte um den Zeitpunkt des Räucherns und Trocknen vorzuziehen).

        Cytochrom C ist ein Enzym der Atmungskette. Cytochrom C Fe2+ beschreibt den Ablauf der Wirkung dieses Enzyms (wird zu Cytochrom C Fe3+). Kann auch salpetrige Säure im undissoziierten Zustand zu NO reduzieren. Wird, wenn ich mich richtig an die Aussagen meines damaligen Prof erinnere, bei 42° C denaturiert. Hat bei zügigem Arbeiten für thermisch erhitzte Produkte eine absolut untergeordnete Bedeutung. Ausnahme Umrötung von Rohschinken und z.T. auch bei Kochpökelwaren (ohne Ascorbat).

        Der Phosphatgehalt von Warmfleisch und normalen Fleisch ist gleich! Bei der Gewinnung von Warmfleisch liegt das Phosphat als ATP vor, nach ein (Schwein) bis vier Stunden (Rind) als Monophosphat. Das entscheidende ist, bei Warmfleischgewinnung wird die Ausbildung der Querbrücken zwischen Actin und Myosin während des r.m. verhindert (dazu muss Phosphat als ATP vorliegen), bei der Zugabe von Diphosphat wird nur ein Teil der während des r.m. gebildeten Querbrücken wieder gelöst (deswegen reichen 15% Warmfleisch Rind z.B. bei einer Wiener aus, um ohne Phosphat einen entsprechenden Biss zu erzielen). Diese Querbrücken sind kontraproduktiv für die Löslichkeit der myofibrillären Proteine und damit für die Fließfähigkeit und die Matrixbildung (Verknüpfung der Eiweiße für die Struktur/Biss/Scheibenzusammenhalt und Immobilisierung von Wasser).

        Früher (zu Zeiten vom s.g. Blindwert Phosphat) wurden mit 0,4 g/kg Diphosphat unter handwerklichen und industriellen Bedingungen (Mischertechnologie, kontinuierliche Feinzerkleinerung, Schüttung eiskaltes Wasser) Top Produkte hergestellt. Heutzutage liegen wir bei 1 g/kg bis 2 g/kg Zugabemenge. Danach führt dies für mich zu einem unangenehmen Mundgefühl (ich beschreibe dies als Pelzigkeit). Meine Rezepturen habe ich auf unter 1,5 g/kg Diphosphat eingestellt. Sind auch im Grenzbereich stabil.

        Da Citrate als auch die Reifung nicht die Querbrücken zwischen Actin und Myosin angreifen, ist der Einfluss auf die erforderliche Löslichkeit der myofibrillären Proteine bei der Brühwurstproduktion zu vernachlässigen.

        Da diese Löslichkeit bei Salamis/Kochsalamis im Gegensatz zu anderen Brühwürsten keine Rolle spielt (Fettoberfläche wesentlich geringer, keine Schüttung), kann auf die Zugabe von Phosphat komplett verzichtet werden - sind meine Erfahrungen. Sogar kontraproduktiv, wenn bei einer Zeitvorgabe die Menge x abgetrocknet werden muss!

        mfg

        Inosin

        (ein Geschmacksträger und Abbauprodukt von ATP)


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          #9
          Myofibrille Ascorbat/Ascorbinsäure deshalb kontraproduktiv bei Rohschinken, da das an der Oberfläche gebildete HNO2 im undissoziierten Zustand, welches durch die beiden genannten Stoffe zu NO reduziert wird, einfach abdampfen würde? Oder liege ich gerade falsch?

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            #10
            Auch Kulmbacher Absolvent? Entspricht Stand Technolgie der Fachschule. Wobei Ascorbinsäure den Prozess (Senkung des pH - Wertes des ausgetretenen fleischeigenen Wassers) noch wesentlich beschleunigt. Finger weg von Ascorbat bei Rohschinken!

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